Mätteler Dütsch: Sprache der Berner Unterschicht

16. Februar 2025

Mattenberndeutsch, die einstige Geheimsprache des Berner Mattenquartiers. Sie zeigt, wie Sprache zur Identität einer Gemeinschaft wird – doch warum ist sie fast vollständig verschwunden?

Im Deutschunterricht haben wir die Geschichte der deutschen Sprache und ihre Entwicklung untersucht. Deutsch stammt aus der indoeuropäischen Ursprache, die vor rund 8.000 Jahren entstand. Über die Jahrhunderte hinweg bildeten sich aus dieser Ursprache verschiedene Sprachzweige, darunter das Germanische. Nach der ersten Lautverschiebung, die typisch für germanische Sprachen ist, kam die zweite Lautverschiebung. Sie teilte das Deutsche in Hoch- und Niederdeutsch auf. Im 16. Jahrhundert setzte sich dann die hochdeutsche Schriftsprache durch. Sie ist der Vorläufer des heutigen Standarddeutschen.

Die Sprachgeschichte gibt uns viele spannende Einblicke in die Entwicklung von Sprachen und Dialekten. Im Laufe der Zeit tauchen immer wieder faszinierende Mischsprachen auf, die durch den Kontakt verschiedener Völkergruppen entstehen. Ein Beispiel für die Schweiz ist Mattenberndeutsch. Diese nicht so bekannte Mischsprache aus dem Berner Quartier Matte zeigt uns die Entstehung neuer Soziolekte. Als Soziolekte bezeichnet man Sprachvarianten, die von sozial definierten Gruppen verwendet werden.

Im Folgenden erkläre ich, was Mattenberndeutsch ist, wie es entstand und warum es ein interessantes Beispiel für die Sprachgeschichte darstellt.

Abbildung: das Mattenquartier von früher

Mattenberndeutsch ist eine historische Sprache, die heute kaum noch gesprochen wird. Diese Sprache wurde im Mattenquartier in Bern gesprochen. Das Mattenberndeutsch entwickelte sich aus einer Mischung von Berndeutsch, Französisch, Italienisch und anderen Einflüssen, darunter auch Hebräisch, was die Sprache zu einem faszinierenden Beispiel für sprachliche Vielfalt macht.

Die Innenstadt von Bern wurde im 14. Jahrhundert in der Aare-Schlaufe auf einem kleinen Hügel gebaut. Das Mattenquartier hingegen liegt direkt am Aare-Ufer und ist somit durch den Höhenunterschied vom Rest der Stadt abgegrenzt. Es gab nur einen sehr steilen Weg, der die Stadt und das Mattenquartier verband. So kam es zur sozialen Abgrenzung gegenüber den Bewohnern der Innenstadt Berns. Die "Mätteler", wie die Bewohner des Mattenquartiers genannt werden, waren Fischer, Schiffbauer, Handwerker und vieles mehr. Die Matte war also ein Industriequartier. Die Mätteler gehörten zur Unterschicht der Berner, während die Wohlhabenden in der Innenstadt Französisch sprachen. So kam es zur Entstehung des Mattenberndeutsch, einer Mischung aus verschiedenen Sprachen. Ein typisches Beispiel für die kreative Wortbildung der Mätteler ist das Wort "Lehm", das im Mattenberndeutsch "Brot" bedeutet und aus dem hebräischen Wort "Lechem" gebildet wurde.

Die Mätteler gingen mit Hilfe von Schiffen auf grosse Märkte, wie den früher in Zurzach im Kanton Aargau. Dort trafen sie auf Händler und andere Leute aus verschiedenen Regionen der Schweiz, die ihre eigenen Dialekte und Sprachen hatten. Solche neuen Ausdrücke wurden aufgenommen und so entstand das Mattenberndeutsch. In Folge der Zeit veränderte sich jedoch die Lebenssituation. Im 19. Jahrhundert änderten sich die sozialen Verhältnisse in Bern und das Mattenberndeutsche verschwand nach und nach. Es bleiben jedoch noch einige Begriffe, die vom Berndeutschen aufgenommen wurden. Ein Beispiel für einen solchen Ausdruck wäre das Wort "Gieu", dass Knabe bedeutet.

Man könnte sich nun fragen, was das alles mit der deutschen Sprachgeschichte zu tun hat. Mattenberndeutsch ist ein gutes Beispiel für die Auswirkungen von Kontakt auf die Sprachentwicklung. Sprachwissenschaftlich gesehen zeigt Mattenberndeutsch, wie lebendig und dynamisch Sprachen sein können, besonders in einem Umfeld, das von sozialer und geografischer Abgrenzung geprägt ist. Es zeigt, dass Dialekte und Soziolekte immer wieder neu entstehen, nicht nur durch Einflüsse aus benachbarten Dialekten wie dem Berndeutschen, sondern sogar auch durch das Hebräische. Die vielfältigen Handelsbeziehungen und kulturellen Begegnungen der Menschen spiegeln sich in der Sprache wider.

Mattenberndeutsch ist also ein bemerkenswertes Beispiel für die Entwicklung eines lokalen Dialekts, ein Spiegelbild sozialer Ungleichheit, kultureller Durchmischung und der Dynamik der Sprachen. Die Mätteler nutzten diese Mischsprache nicht nur zur alltäglichen Kommunikation, sondern auch, um ihre eigene Identität zu betonen und sich von den wohlhabenderen Schichten der Stadt abzugrenzen. Diese Sprache war nicht nur ein Kommunikationswerkzeug, sondern auch ein Ausdruck von Stolz und Widerstand gegen soziale Hierarchien.

Mein Schreibprozess:


Quellen: